Intervieuw Jimmy!
[Interview] Jimmy Kelly - Meine Familie ist mein Zuhause
Von Stephanie Gerlich Mittwoch, 10. März 2010
Musik ist bei den Kellys eine Familienangelegenheit. Im vergangenen Jahr stand Patricia Kelly in der Musik- und Kunstschule auf der Bühne, am kommenden Sonntag wird es Jimmy Kelly sein, begleitet unter anderem von seiner Frau Meike, einer gebürtigen Schleswig-Holsteinerin. Für Unser Lübeck nahm er sich Zeit zu einem Interview.
Unser Lübeck: Ihre Tour trägt den Titel „My Hometown“. Es klingt so, als hätten Sie endlich das Zuhause gefunden, das Sie lange gesucht haben. Stimmt das? Wenn ja, wo liegt es?
Jimmy Kelly: (lacht) Auf einem gewissen Level ja – mein Zuhause ist meine jetzige Familie – meine Frau, meine Kinder und Freunde. Sie sind sozusagen mein sicherer Hafen – mein Anker. Aber es ist eine schwierige Frage, denn die Suche geht ja trotzdem weiter. Ich bin besonders glücklich, dass meine Frau nun mit mir auf Tournee kommt und mich auf dem Akkordeon, Mandoline und mit ihrem Gesang unterstützt, und somit geht die Tradition weiter, in der ich aufgewachsen bin. Auf dieser Tour gehe ich zurück in meine Vergangenheit, meine Kindheit und zu meinen Wurzeln der Folkloremusik. Ich bin in Spanien geboren und habe, seitdem ich sechs Jahre alt bin, viel Zeit in verschiedenen Ländern verbracht. Damals waren mein Zuhause meine Geschwister und die Musik und heute kann ich das fortführen. Das heißt, ich kann Musik, Familie und Beruf verbinden. Meine Kinder sind noch sehr jung, aber wer weiß, wenn Mama und Papa Musik machen, kriegen sie vielleicht auch Geschmack danach.
Unser Lübeck: Mit Ihren Geschwistern waren Sie ja jahrelang beinahe ununterbrochen unterwegs. Hat Ihnen in Ihrer Kindheit und Jugend ein festes Zuhause gefehlt? Was macht ein Zuhause, eine „Hometown“ für Sie aus?
Jimmy Kelly: Ich fühlte mich zu Hause, wo auch immer wir waren. In einem Campingwagen, in einem Schiff oder in einem luxuriösen Hotel – aber es war nicht immer geborgen. Ich glaube, mir fehlt nicht mehr oder weniger ein zu Hause als sonst jedem anderen von uns, wenn ich mir das so anschaue. Denn meine Nachbarn sind auch so etwas wie eine Patchwork Family und die Kinder kommen am Wochenende zu ihrem Vater – wenn ich mir die Kinder dieser Familie anschaue, sind sie auch ein wenig nomadisch. Sie sind in der Woche bei der Mama und an den Wochenenden beim Papa, sie haben also zwei Kinderzimmer, und ich denke das ist ein universelles Problem. Ich habe genauso den Drang wie sonst jeder von uns, sein zu Hause zu suchen oder zu finden, und ich bin davon überzeugt, dass es eines gibt und wir haben immer wieder ein bisschen davon.
Unser Lübeck: Wenn man Ihren musikalischen Werdegang in wenige Worte fassen wollte, könnte man es auf „viele Jahre Straßenmusik, dann überwältigender Erfolg mit ausverkauften Stadien und Hallen, danach wieder Straßenmusik, Pubs und kleinere Säle“ reduzieren. Was ist Ihnen aus diesen Phasen in Erinnerung geblieben – im Guten wie im Schlechten?
Jimmy Kelly: Um es kurz zu fassen, in den großen Sälen oder Stadien bekommt man einen Adrenalinkick und es ist schon sehr spannend, aber es ist schwer, mit den Leuten in Kontakt zu treten und auf der Straße bzw. in kleinen Säle bist du im direkten Kontakt mit dem Publikum… Das hat alles seine Vor- und Nachteile und ich könnte ein halbes Buch darüber schreiben, aber ich möchte hier nicht langweilen. (lacht)
Unser Lübeck: In den letzten Jahren konnte man Sie durchaus auch mal als Straßenmusiker antreffen. Was schätzen Sie an dieser Form der Begegnung mit dem Publikum?
Jimmy Kelly: Die Ehrlichkeit dieser Bühne. Die Straße verlangt von mir, mehr nach innen zu greifen. Das Publikum ist sehr spontan und man erlebt Sachen, die unbezahlbar sind. Positiv wie auch negativ. Der eine umarmt dich auf einmal, weil du so nah bist, der andere schreit dich an und meint, dass du störst und weggehen solltest. Aber was die Strasse mir im Großen und Ganzen gibt, ist sehr viel Selbstvertrauen, und obwohl man auf der großen Bühne ja mit dem ganzen Tam Tam vielleicht selbstbewusst ausschaut, bin ich da am wenigstens selbstbewusst. Auf den großen Bühnen haben die meisten Künstler, die ich kenne und die dort auftreten, wenig Selbstvertrauen, was bei mir nicht anders ist. Auf der Strasse finde ich dieses Vertrauen wieder. Du bist nackt und es ist die Stunde der Wahrheit und entweder man liefert oder man kann nichts.
Unser Lübeck: Vor einem knappen Jahr war Ihre Schwester Patricia in Lübeck. Damals habe ich ihr eine Frage gestellt, die ich auch Ihnen gerne stellen möchte: Ist der frühere Erfolg mit der Kelly Family heute für Ihre Solo-Karriere ein Ansporn oder eine Last?
Jimmy Kelly: Ein bisschen von beidem. Aber ich bin sehr dankbar, dass ich heute nach Lübeck kommen kann. Und weil ich einer der Kellys bin, habe ich ein Publikum, auch wenn es nicht so groß ist, wie es bei der Kelly Family war – es ist jetzt aber genügend, so dass ich ein paar Mann mit auf die Bühne nehmen kann und wir können zusammen einen tollen Abend erleben. Ich kenne manche tolle Musiker, die leider einen Nebenjob machen müssen, weil sie keinen Namen haben.
Unser Lübeck: Musik scheint bei den Kellys in die Wiege gelegt zu sein. Im letzten Jahr haben Sie mit Ihrem Cousin Adam, seiner Frau Jessi und Ihrer Frau Meike eine „Back to the roots“-Tour unternommen. Meike Kelly wird Sie nun auch wieder bei „My Hometown“ begleiten. Wo liegt denn Ihre musikalische Heimat?
Jimmy Kelly: Meike kommt aus Schleswig-Holstein. Sie hat als Teenager viele Jahre in einer Band gespielt mit dem Namen Da Capo, und sie haben kreuz und quer Musik gemacht, eigene Kompositionen und auch Coverversionen. Wir haben einen ähnlichen Geschmack was Musik betrifft, und im Moment sind wir sehr an Folkmusik interessiert und darum geht es auch auf dieser Tournee. Wir werden irische Folklore machen, meine Frau ist schon seit langer Zeit ein großer Fan von Mary Black, eine große irische Künstlerin, und wir werden auch amerikanische, spanische und französische Folklore spielen. Zum ersten Mal seit ich Kind bin, werden wir auch wieder deutsche Lieder im Programm haben. Auch das kommt durch die Beziehung mit meiner Frau. Also finde ich auch in Deutschland Heimat.
Unser Lübeck: Ich danke Ihnen für das Interview. Bei dem Konzert am 14. März in der Musik- und Kunstschule werde ich natürlich auch dabei sein und würde mich freuen, im Anschluss daran vielleicht noch einige Worte mit Ihnen zu wechseln über „My Hometown“.
Jimmy Kelly: Das würde mich auch freuen und es tut mir leid, dass wir das Interview nicht in Person führen konnten.
za dec 26, 2009 3:56 am
